Kunsttherapeutische Triade
Anders als bei den anderen Therapieformen, kommt das in der Kunsttherapie das vom Klienten erstellte Kunstwerk als drittes Beziehungselement hinzu. Daraus ergibt sich ein Beziehungsdreieck, genannt kunsttherapeutische Triade. Die Beziehung zwischen diesen drei Punkten spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Die Kunst soll als heilende Tätigkeit ausgeübt oder vermittelt werden. Sie dient als Schlüsselfunktion zur Selbsterfahrung, der Persönlichkeitsentwicklung und zur Förderung der sozialen Entwicklung. Sie kann als Spiegel unserer Seele verstanden werden. In der Kunsttherapie kann eine Bildbetrachtung aufgrund unterschiedlicher Disziplinen erfolgen, wie zum Beispiel mit den Grundlagen aus der Psychologie, Psychoanalyse und der kognitiven Verhaltenstherapie, aber auch aus der anthroposophischen Erkenntniswissenschaft , der Anthroposophie.
Der Anspruch in der Anthroposophie ist prozessorientiert, nicht ergebnisorientiert. Das Objekt wird vom Objekt ausgeschlossen. Der Zusammenhang mit der Realität wird dabei ausgesondert. Die Betrachtung soll aufgrund der eigenen Wahrnehmung aber ohne Interpretation passieren – nach dem Ideal der Naturwissenschaft.
Kunst im Sozialen
Das Verständnis von Therapie führt zurück auf das Griechische Wort therapia = das Dienen, Heilen, Pflegen. Der Therapeut versteht sich als Begleiter und Unterstützer des hilfesuchenden Menschen. In der Kunsttherapie kann sich der Therapeut ebenfalls als Begleiter und Unterstützer betrachten - anders als bei den anderen Therapieformen nimmt er jedoch die Rolle des Beobachters ein. Es entsteht eine nonverbale Kommunikation. Der Kunsttherapeut hält sich im Hintergrund und verfolgt den Entstehungsprozess des Werkes sowie die Befindlichkeit des Klienten, die dieser durch Äußerungen, Körperhaltung und Gesten zum Ausdruck bringt. Es ist dem Kunsttherapeuten möglich, über den Entstehungsprozesses des Werkes Stärken oder Schwächen auf physische, vitale, seelische und geistigen Ebenen zu erkennen.
Als Grundlage dient ihm dabei die phänomenologische Betrachtungsweise. Dabei gilt es ressourcenorientiert zu schauen. Die frage ist, wie man mit den vorhandenen Ressourcen Schwächen auf anderer Ebene wieder stärken kann. Dem Klienten wird einen Raum geben, in dem es möglich ist, Selbsterfahrungen zu machen. Dabei soll der Therapeut bei den Entwicklungsschritten Hilfestellung anbieten. Neue Blickrichtungen können erforscht werden. Der Klient soll die Möglichkeit bekommen, herauszufinden, welche Stärken und Ressourcen in ihr/ihm stecken, als Antrieb für die eigenen individuellen Entscheidungen im Leben.
Phänomenologische Betrachtung
Anhand der Phänomene lassen sich Fragen ableiten, die auf das Leben oder den Alltag des Klienten übertragen werden können. Die Schwierigkeit ist dabei, mit den Fragen auf den Kern des Problems zu kommen. Denn bei der Frageentwicklung ist das Bewusstmachen der eigenen Gedanken und der eigenen Haltung des Therapeuten sehr wichtig. Es besteht die Gefahr, dass vom Therapeuten angenommen wird, das Kernproblem bereits zu erkennen und den Klienten gezielt mit Fragen in eine Richtung zu lenken. Dies sind manipulierende Fragen und führen eventuell am eigentlichen Problem vorbei. Das Ergebnis ist letzten Endes verfälscht. Auch kann es sein, dass der Therapeut sich auf etwas versteift und andere Phänomene außer Acht lässt. Es ist daher eine Voraussetzung, dass sich der Therapeut seine Haltung und Gedanken bewusst macht und dies bei der Entwicklung seiner Fragen mit einbezieht.
"Wir sind mit unseren Gedanken gewöhnt, nur an der Oberfläche zu denken. An der Oberfläche der Dinge werden die Begriffe dünn und abstrakt, desto besser scheinen diese Begriffe Beweisstücke abzuliefern. Menschen bemühen sich nicht mehr, tief in die Dinge einzudringen. Je oberflächlicher man denkt, desto besser kann man beweisen. Was durch dieses oberflächliche Denken nicht erreicht werden kann, ist die wirkliche Erkenntnis des Menschen. Es muss eine Vertiefung in die Vorstellung stattfinden, um das Wesen des Seins zu erkennen“.1 Das Eisbergprinzip versinnbildlicht diese Aussage. Das äußere Erscheinungsbild scheint nur eine Spitze eines Eisberges zu sein. Dabei muss man sich bewusst machen, dass der verborgene Teil eine enorme Rolle spielt. Beim Versuch den Klienten in seinem Wesen zu erkennen ist eine Betrachtung der Phänomene ein Ausgangspunkt. Ein Phänomen spricht sich selbst aus. Indem der Therapeut mit wachem Bewusstsein und mit unvoreingenommenem Interesse seine Aufmerksamkeit auf die Erscheinung des Phänomens lenkt, kann er sich von diesem belehren lassen.
1 Vgl. S. 19, Rudolf Steiner, Die geistigen Hintergründe des der sozialen Frage Band III
Unbefangenes Sehen
Der Therapeut muss es sich zur Aufgabe machen ein unbefangenes Sehen zu lernen. Er muss lernen zu sehen, wie die Dinge im äußeren Leben sind. Es ist eine große Herausforderung die Dinge nicht zu beschreiben, wie sie sein sollen, sondern wie sie in Wirklichkeit sind. Denn Werte, Schulerziehung oder vorgefasste Vorstellungen können den Blick trüben.
Goethe, der sich mit den Phänomenen aus der Natur beschäftigt hat, hat es verstanden, dass Dinge überwunden werden und in ihrer wirklichen Erscheinung kennengelernt werden müssen (wissenschaftliche Methode). Die Aufmerksamkeit wird auf die äußeren Sinne gelenkt. Und die Konzentration auf die äußeren Sinne, lässt vorgefasste Vorstellungen in den Hintergrund treten, bzw. diese lassen sich so korrigieren.1
Getrübter Blick – Die Enttäuschung
Ein getrübter Blick ist als eine Art Täuschung zu verstehen. Die eigene Vorstellung, Voreingenommenheit oder Erwartung von etwas, entspricht nicht der Realität. Die eigene Sicht wird auf jemanden oder einen Zustand projiziert. Das Erkennen des tatsächlichen Zustandes, ist der Moment der die Enttäuschung hervorruft. Die Welt ist nicht so, wie man geglaubte. Die Enttäuschung macht die Täuschung hinfällig und bringt uns damit ein Schritt näher zur Wirklichkeit. Daher ist es für den Therapeuten wichtig, auf der Ebene der Phänomenologie die Dinge so zu sehen, wie sie sind. Die Erscheinung oder ein Phänomen wird durch die unvoreingenommene Betrachtung in das Bewusstsein hervorgerufen. Das Wesen des Menschen will so sichtbar werden. Indem die (Vor)Urteile ausgeklammert werden versucht der Therapeut den Möglichkeitsbereich des anderen Menschen zu erkennen. Im Idealfall erfasst der Therapeut den Wesenskern des Patienten.
Misserfolge
Die Kunsttherapie bietet dem Klienten einen Weg, in einem geschützten Raum auch Misserfolge schätzen zu lernen. Ein Misserfolg kann im Prinzip als ein erfolgreiches Erlebnis verstanden werden, weil er den Klienten um eine Erfahrung reicher macht! Ein Tiefschlag kann sich so anfühlen, als ob etwas gestorben ist. Altes wurde beendet. Wo jedoch etwas beendet wurde, kann auch etwas neues entstehen. Misserfolge führen so zu neuen Ideen, Blickwechsel und Gedanken, die dem Klienten auf den Weg der Selbsterkenntnis helfen. Bildlich gesehen ist es wie mit dem Weizenkorn, das erst sterben muss, damit aus ihm die Pflanze wachsen kann. Es gilt also, den Tiefschlag anzunehmen, ihn zu durchdringen und zu überwinden. Therapeut und Klient können dieses Prinzip gleichermaßen für sich nutzen.
Scheitern lernen
Scheitern ist ein Versagen an eigenen oder fremden Ansprüchen, [ … ,] das Nicht-Erreichen eines Zieles, vielleicht sogar der großen Lebensplanung“2.
Um dem Scheitern etwas Positives abzugewinnen, ist der Antrieb zum Weitermachen ein wichtiger Faktor für die Entwicklung. So kann der Klient rückblickend erkennen, dass das Scheitern ein Wendepunkt zu etwas „Positivem“ im Leben sein kann. Das Scheitern ist die Summe der Misserfolge zu einem Zeitpunkt. Zu ihm gehört auch immer eine Trennung von der bisherigen Vorstellungen. Der Scheiternde ist gezwungen, sich für etwas Neues zu öffnen. Selbst für Dinge, die bisher für ihn noch nicht denkbar waren. Über die Kunst (den bildnerischen Ausdruck) kann der Klient Einsicht darüber erlangen, in welcher Lebensphase er gerade steckt. In dieser Phase sollte der Kunsttherapeut Geduld mitbringen. Über die Kunst ist es ihm möglich, dem Moment der Erkenntnis Raum zu geben und den Klienten dort abzuholen, wo er gerade steht.
Geistiges Erkennen
Auch bei einer wertungsfreien phänomenologischen Betrachtungsweise spielt es eine Rolle, wie und auf welcher Art der Mensch zur inneren und äußeren Beobachtung und letztlich zu seinen Erkenntnissen kommt. Es ist das Hinschauen auf die naturwissenschaftliche Methode und das Hinschauen auf die Art, wie man seelisch zu Ergebnissen kommt. Es gilt, die eigene Position zu hinterfragen und dabei den Materialismus zu überwinden. Ziel ist nicht das Ergebnis, sondern das Durchdringen der Phänomene. Letztlich gelangt der Mensch zu einer spirituellen Weltanschauung.
„Heute ist notwendig, dass der Mensch sich zu dem Bekenntnis aufschwingt: er bekommt auf der einen Seite das Naturwissen, auf der anderen Seite das übersinnliche Wissen. Das Naturwissen für sich wird bar sein der moralischen Antriebe. Die moralischen Antriebe werden durch ein übersinnliches Wissen gewonnen werden müssen. Und da schließlich die sozialen Antriebe letzten Endes moralische Antriebe sein müssen, so ist eine wirkliche Sozialerkenntnis, ja nicht einmal eine Summe von Sozialimpulsen denkbar, ohne dass sich die Menschen zu übersinnlicher Erkenntnis erleben“, so Steiner3.
Den Doppelgänger durchschauen
Bernhard Lievegoed bezeichnet in seinen Vorträgen die oberflächliche Erscheinung eines Menschen als Doppelgänger4. Der Doppelgänger kann manchmal ein befremdliches Bild abgeben. Dieser wirkt dann unsympathisch und am liebsten möchte sein Gegenüber nichts mit ihm zu tun haben. Es ist Aufgabe des Therapeuten „durch den Doppelgänger hindurchzuschauen, und zu sehen, was hinter ihm liegt. Da findet man das ringende Ich – das Ich, das danach strebt, Zukunft, das Dasein würdig zu gestalten“, so Lievegoed. Um sein Interesse für den anderen zu zeigen, sind intime Fragen nicht zielführend. Mit ihnen begegnet man meist dem Doppelgänger. Um jemanden näher kennenzulernen muss man sich darum bemühen, „den Punkt zu finden, wo der Mensch aus seinem Ich heraus spricht. Was will er im Leben erreichen? Worauf richtet sich seine tiefste Sehnsucht? Weiß man das, dann weiß man ein wenig über den anderen, über das Ich des anderen, das ihn zum strebenden Mensch macht. Der Versuch, mit dem Ich eines anderen Menschen in Berührung zu kommen, bringt die schönsten Früchte des Gemeinschaftsleben hervor“, sagt Lievegoad.
Auf die Therapie übertragen, kann man sagen; mit unterschiedlichen Gestaltungsmethoden und über eine anschließende Werkbetrachtung kann der Kunsttherapeut Anregungen geben verborgene Ich-Impulse besser zur Geltung zu bringen.
Beziehung
Eine soziale Beziehung mit einem ehrlichen Austausch erfordert es, offen aufeinander zuzugehen, eine Begegnungsfähigkeit zu entwickeln innerhalb der Therapeuten – Werk – Klienten Beziehung. Es sind nicht nur die Äußerlichkeiten, die gepflegt werden müssen. „Spirituelle Beziehung“5 nennt R. Steiner das im Zusammenhang der Pädagogischen Vorträge. In der Therapeuten-Klienten-Beziehung ist dies als ein wichtiges Übungsfeld anzuerkennen und dient als eine unerlässliche Grundlage für eine fruchtbare Zusammenarbeit. Eine solche Beziehung kann jedoch nur gelingen, wenn der Therapeut in seinem Bemühen um Gemeinschaftsfähigkeit vorangeht.
In der zwischenmenschlichen Beziehung steht der Mensch im Vordergrund. (Vor)Urteile sollen dabei in den Hintergrund treten. Der Therapeut achtet auf seine Wahrnehmung in Bezug auf den Patienten. Dabei soll er seine Wahrnehmung nicht beurteilen, sondern schauen, wie er in den jeweiligen Situationen auf den Patienten reagiert. Der Therapeut sollte idealerweise seine Empfindungen soweit sensibilisieren, dass Wahrgenommenes den unterschiedlichen Wahrnehmungsebenen zugeordnet werden kann. Diese hängen mit der Konstitution des Leibes, sowie der Seele und dem Geist zusammen. Die Viergliederung nach dem anthroposophischen Menschenbild6 kann dabei als Hilfestellung verstanden werden:
In der Begegnung
In der Begegnung spielt die Wahrnehmung auf der seelischen Ebene eine große Rolle. Zwei Menschen treffen mit ihren jeweiligen Filtern aufeinander, die durch Erfahrungen entstanden sind. Sie treten in Resonanz. Im Idealfall sollte der Therapeut seine eigenen Filter kennen und versuchen diese zu überwinden. Er bleibt objektiv. Der Therapeut hat die Aufgabe, die Filter, beziehungsweise den „Doppelgänger“ wie es
Lievegoad ausdrückt, zu erkennen und das Wesen, also das „Ich“ des Gegenübers zu entdecken.
1 Vgl. Goethe, Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt, 1792
2 Vgl. Kei Bammann, Kunst & Therapie. Die produktive Kraft des Scheiterns, 2015/1
3 Vgl. Rudolf Steiner. Die geistigen Hintergründe der sozialen Frage, Band III
5 Vgl. Bernard Lievegoed, Dem einundzwanzigsten Jahrhundert entgegen, 1991-1991
5 Vgl. Rudolf Steiner, Allgemeine Menschenkunde
6 Nach Rudolf Steiner
Wie man die seelische Ebene in der Therapie berücksichtigt, hat Elisabeth Wellendorf folgendermaßen zum Ausdruck gebracht: „In der Therapie geht es um das Gewahr werden innerer Prozesse, um mehr Bewusstsein. Das bedeutet, um ein intensiveres Hineinlauschen oder Hinschauen in die intrapsychische Welt mit allen Gefühlen, die sie auslösen, und dann wieder um ein Zurücktreten, das es möglich macht, die Muster und Regeln zu erkennen und äußere Handeln beeinflussen und sie ihrer Zwänge zu entheben […] “1.
Macht der Gedanken
Rudolf Steiner führte in seinen Vorträgen aus, dass gute und wahrhaftige Gedanken sich heilsam auswirken, ebenso aber auch, dass unwahre Gedanken einen hemmenden und zerstörerischen Einfluss bewirken können. „Das müssen wir uns bewusst machen“, so Steiner, „dass der schlechte Gedanke, mit dem ich meinen Mitmenschen entgegentrete, […] für seine Seele ebenso abträglich ist wie ein Schlag in das Gesicht des Menschen“.2
Gedankenkräfte bewirken etwas. Der Mensch trägt damit eine große Verantwortung für sein Denken und Handeln. Das Handeln kann in der Regel noch bewusst gesteuert werden. Die Steuerung des Denkens ist ungleich schwieriger. Es wird meist unwillkürlich mit „Trödelkram des Alltagsbewusstsein“3 überflutet. Es schießt durch die Gedanken oder fortwährend schwelgt man in seiner Gedankenwelt. Der Mensch als Träger der Gedanken, kann das Denken als eine Art Organbildung verstehen. Mit der Ausbildung dieses Organs kann gedankliches Handeln entstehen. Dabei handelt der Wille nicht auf jeden beliebigen Reiz. Er wird in eine Richtung geleitet und fokussiert sich. (Man ist in Gedanken bei der Sache.) Der Gedanke tritt innerlich auf und bekommt eine ordnende Kraft.
Um sich diese Kraft zunutze zu machen, ist es wenig hilfreich, Energie in die Unterdrückung der unwichtigen Gedanken aufzubringen. Vielmehr hilft es, sie als unfertig anzusehen. Gedanken, die sich in einem Entwicklungsprozess befinden können umgestaltet werden. Dies ist der Weg, um der Wahrheit einen Schritt näher zu kommen. „Das Bestreben, im Denken immer mehr zur Wahrheit vorzudringen, ist einem wachen, aktiven Nach-innen-Blicken und Von-allen-Seiten-Betrachten vergleichbar, schließt aber auch eine Art Lauschen, ein Hinhorchen auf gute Gedanken, ...“.4
Das Bewusstmachen von Denkprozessen, um sich von des Reizen der Gedankenwelt des Alltags freizumachen ist ein geistiger, spiritueller Vorgang - ähnlich wie bei einer Meditation oder im Gebet.
Soziale Kunst
Das künstlerische Handeln dient als unmittelbare Quelle von Wissen und Erkenntnis, die sich über die Sinnliche Erfahrung erschließt“5.
Die Kunst ist eine organisch wirkende Kraft, die den Menschen berührt, bewegt und dadurch auch ganzheitliche Entwicklung ermöglicht. Der künstlerische Prozess verwandelt alles Abstrakte und Theoretische in eine lebendige Form, die den Menschen zur Selbsterkenntnis anregt und befreit. Über die Kunst lässt sich in jedem Menschen ein Entwicklungspotential entdecken. Sie hält die Wahrheit vor, wie ein Spiegelbild und hilft Menschen aus der Problemverhaftung. Mit der Überwindung von Resignation, können Probleme als positive Herausforderungen angesehen werden. Mit neuem Mut kann sich der Klient neuen Entwicklungsprozessen öffnen. Durch Unzufriedenheiten - ausgelöst durch innere oder äußere Probleme - wird der Wunsch nach Veränderung wachgerufen. Durch die äußeren Prozesse im Malen und durch geschicktes Aufmerksam machen des Therapeuten, kann der Klient Ideen entwickelt oder neue Erkenntnisse erlangen. Dabei sollen Probleme nicht beseitigt oder unterdrückt werden, um die Situation wieder „normal“ zu machen. Im künstlerischen Arbeiten soll die Lust nach Fragen (für die echten Ursachen) wachgerufen werden. Auf der Suche nach dem Sinn und konkreten Inhalten, kann in einer persönlichen und strukturellen Ausweglosigkeit wieder ein Weg gefunden werden.
Das Geistige im Sozialen
Das gemeinsame Handeln oder Arbeiten. Die Therapie soll nicht als Beziehungsdienstleistung im Sozialen nach dem „industriellen Fertigungsmuster“6 verstanden werden, sondern als ein Entwicklungsort für Menschen. Es bleibt die Zeit, das Geistige in den Dingen zu forschen. Denn wir sind nicht nur Körper, sondern ein mit der Natur. Der Mensch lernt es wieder, sich mit den äußeren und inneren Dingen zu verbinden.
Fazit
Der Kunsttherapeut versteht es Menschen zu helfen, ihren Blick auf sich selbst und ihre Umwelt zu klären. Was in Ungleichgewicht geraten ist, soll wieder in ein Gleichgewicht gebracht werden. Menschen haben die Chance, über die Kunst persönliche Erkenntnisse zu gewinnen.
Ein wichtiger Faktor in der Therapie ist, dass der Therapeut nicht nur das Wissen, die Kompetenz, den Raum und die Zeit anbietet, sondern auch mit welcher inneren Haltung und Wahrnehmung er dem Klienten gegenübertritt. Es ist das Wahrnehmen auf die naturwissenschaftliche Methode und auf die Art, wie man seelisch und Geistig zu Erkenntnissen kommt. Dies ist ein Weg, um den Menschen in seiner Ganzheit zu begreifen.
Die Einstellung, die von dem Klienten wahrgenommen wird, ist für eine konstruktive Persönlichkeitsentwicklung von ausschlaggebender Bedeutung und Voraussetzung für einen erfolgreichen Therapieverlauf. Der Klient hat die Möglichkeit sich in diesem Raum zu entfalten und zu entwickeln.
1Elisabeth Wellendorf, Psychotherapeutin. Gründerin und Leiterin des Instituts für Psychoanalytische Kunsttherapie
2Vgl. Rudolf Steiner, Allgemeinen Menschenkunde als Grundlage der Pädagogik, GA 293
3Vgl. Jacques Lusseyran, Gegen die Verschmutzung des Ich, Stuttgart 1972
4 Vgl. Ludger Helming-Jacoby, Zur Wirksamkeit von Gedanken
5 Vgl. Rudolf Arnheim, Kunst und Sehen: Eine Psychologie des schöpferischen Auges, 2000
6 Vgl. www.projektfabrik.org